Fettsucht, medizinisch als Adipositas bezeichnet, ist eine chronische Erkrankung, die durch eine übermäßige Ansammlung von Körperfett charakterisiert ist. Diese Stoffwechselstörung erhöht das Risiko für zahlreiche Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten. In Österreich wird Adipositas nach internationalen Standards klassifiziert und als ernsthafte Gesundheitsbedrohung anerkannt, die eine umfassende medizinische Betreuung erfordert.
Der Body-Mass-Index (BMI) dient als Standardmaß zur Klassifizierung von Gewichtskategorien. Die Weltgesundheitsorganisation definiert folgende Grenzwerte: Normalgewicht liegt bei einem BMI von 18,5-24,9 kg/m², Übergewicht bei 25,0-29,9 kg/m². Adipositas beginnt ab einem BMI von 30,0 kg/m² und wird in drei Grade unterteilt: Grad I (30,0-34,9), Grad II (35,0-39,9) und Grad III (≥40,0 kg/m²), wobei letztere als extreme Adipositas gilt.
Während Übergewicht bereits ein erhöhtes Gesundheitsrisiko darstellt, ist Adipositas eine eigenständige Krankheit mit deutlich höheren Risiken. Der entscheidende Unterschied liegt im BMI-Wert: Übergewicht umfasst BMI-Werte zwischen 25-29,9 kg/m², während Adipositas ab 30 kg/m² beginnt. Bei Adipositas steigt das Risiko für Begleiterkrankungen exponentiell an und erfordert oft intensive medizinische Intervention.
Laut aktuellen Studien sind etwa 17% der österreichischen Erwachsenen von Adipositas betroffen, weitere 40% gelten als übergewichtig. Besonders besorgniserregend ist die Zunahme bei Kindern und Jugendlichen, wo bereits 8% adipös sind. Diese Zahlen zeigen einen kontinuierlichen Anstieg und machen Adipositas zu einem der größten Gesundheitsprobleme in Österreich.
Die genetische Veranlagung spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Adipositas. Studien zeigen, dass 40-70% des Körpergewichts durch genetische Faktoren beeinflusst werden. Bestimmte Genvarianten können den Stoffwechsel, das Sättigungsgefühl und die Fettverteilung beeinträchtigen. Obwohl Gene das Risiko erhöhen, bestimmen Umweltfaktoren und Lebensstil maßgeblich, ob sich Adipositas tatsächlich entwickelt.
Moderne Lebensgewohnheiten fördern die Entstehung von Adipositas erheblich. Eine energiereiche Ernährung mit hohem Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln, Zucker und gesättigten Fetten kombiniert mit Bewegungsmangel schafft ein ideales Umfeld für Gewichtszunahme. Besonders problematisch sind:
Verschiedene hormonelle Erkrankungen können Adipositas verursachen oder verstärken. Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) verlangsamt den Stoffwechsel und führt zu Gewichtszunahme. Das Cushing-Syndrom durch erhöhte Cortisolspiegel, polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) bei Frauen und Insulinresistenz sind weitere wichtige hormonelle Ursachen. Auch bestimmte Medikamente gegen Depressionen, Epilepsie oder Diabetes können als Nebenwirkung eine Gewichtszunahme fördern.
Zahlreiche Medikamente können als Nebenwirkung eine Gewichtszunahme verursachen. Dazu gehören Antidepressiva, Antipsychotika, Antiepileptika, Betablocker und Kortikosteroide. Auch Insulin und bestimmte Diabetesmedikamente können das Gewicht erhöhen. Patienten sollten mit ihrem Arzt über mögliche Alternativen sprechen, wenn eine deutliche Gewichtszunahme auftritt.
Adipositas erhöht das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich. Übergewicht belastet das Herz zusätzlich und führt häufig zu Bluthochdruck, erhöhten Cholesterinwerten und Arteriosklerose. Diese Faktoren steigern die Wahrscheinlichkeit für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzinsuffizienz. Das Risiko steigt proportional zum Body-Mass-Index und kann durch frühzeitige Gewichtsreduktion deutlich verringert werden. Eine kontrollierte Gewichtsabnahme verbessert die Herzgesundheit nachweislich.
Fettsucht ist einer der Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung von Diabetes mellitus Typ 2. Überschüssiges Fettgewebe, besonders im Bauchbereich, führt zu Insulinresistenz und gestörtem Blutzuckerstoffwechsel. Bei stark übergewichtigen Personen ist das Diabetesrisiko um das 5-10fache erhöht. Eine Gewichtsreduktion von bereits 5-10% kann die Insulinwirkung verbessern und den Blutzuckerspiegel stabilisieren.
Übergewicht belastet die Gelenke erheblich und führt zu vorzeitigem Verschleiß, besonders in Knien, Hüften und der Wirbelsäule. Arthrose entwickelt sich bei adipösen Personen deutlich häufiger und früher. Die mechanische Belastung verstärkt Entzündungsprozesse in den Gelenken. Gleichzeitig schwächt Bewegungsmangel die stützende Muskulatur. Gewichtsreduktion entlastet die Gelenke spürbar und kann Schmerzen lindern sowie die Beweglichkeit verbessern.
Adipositas kann zu erheblichen psychischen Belastungen führen, einschließlich vermindertem Selbstwertgefühl, sozialer Isolation und Depressionen. Gesellschaftliche Stigmatisierung verstärkt diese Probleme zusätzlich. Betroffene leiden oft unter Diskriminierung im Beruf und im sozialen Umfeld. Eine ganzheitliche Behandlung sollte daher auch psychologische Unterstützung einschließen.
In Österreich sind mehrere verschreibungspflichtige Medikamente zur Adipositas-Behandlung zugelassen. Orlistat hemmt die Fettaufnahme im Darm und reduziert die Kalorienaufnahme um etwa 30%. Liraglutid, ursprünglich ein Diabetes-Medikament, reguliert das Sättigungsgefühl und verlangsamt die Magenentleerung. Diese Präparate werden nur bei einem BMI über 30 kg/m² oder ab 27 kg/m² bei zusätzlichen Risikofaktoren verschrieben. Die Behandlung erfordert regelmäßige ärztliche Kontrollen und sollte mit Ernährungsumstellung und Bewegung kombiniert werden.
Verschiedene rezeptfreie Präparate können die Gewichtsreduktion unterstützen, ersetzen jedoch nicht eine grundlegende Lebensstiländerung. Dazu gehören:
Diese Mittel zeigen moderate Effekte und sollten als Teil eines ganzheitlichen Abnehmprogramms verwendet werden.
Adipositas-Medikamente wirken über unterschiedliche Mechanismen. Lipasehemmer wie Orlistat blockieren fettspaltende Enzyme und reduzieren die Fettabsorption. GLP-1-Rezeptoragonisten wie Liraglutid verstärken das Sättigungsgefühl zentral im Gehirn. Sympathomimetika erhöhen den Energieverbrauch und unterdrücken den Appetit. Ballaststoffe quellen im Magen auf und erzeugen mechanische Sättigung. Die Wahl des geeigneten Präparats hängt von individuellen Faktoren und dem Schweregrad der Adipositas ab.
Adipositas-Medikamente können verschiedene Nebenwirkungen verursachen. Orlistat führt häufig zu Verdauungsbeschwerden und Fettstühlen. Liraglutid kann Übelkeit, Erbrechen und Pankreatitis verursachen. Kontraindikationen umfassen Schwangerschaft, bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychiatrische Störungen. Eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt ist essentiell. Regelmäßige Kontrollen sind während der Behandlung erforderlich.
Eine nachhaltige Ernährungsumstellung bildet das Fundament der Adipositas-Behandlung. Bewährte Ansätze umfassen kalorienreduzierte Mischkost, mediterrane Ernährung oder Low-Carb-Diäten. Wichtig ist eine schrittweise Umstellung mit realistischen Zielen von 0,5-1 kg Gewichtsverlust pro Woche. Crash-Diäten führen oft zum Jo-Jo-Effekt und sollten vermieden werden. Eine professionelle Ernährungsberatung hilft bei der individuellen Anpassung und langfristigen Umsetzung im Alltag.
Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht den Energieverbrauch und unterstützt den Gewichtsverlust nachhaltig. Empfohlen werden mindestens 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche, beginnend mit schonenden Aktivitäten wie Spazierengehen oder Schwimmen. Krafttraining erhält die Muskelmasse während der Gewichtsreduktion. Ein strukturiertes Bewegungsprogramm sollte schrittweise gesteigert und an die individuelle Fitness angepasst werden.
Verhaltenstherapie identifiziert und verändert ungünstige Essgewohnheiten und Verhaltensmuster. Techniken wie Selbstbeobachtung, Stimuluskontrolle und Stressmanagement helfen beim Aufbau neuer Gewohnheiten. Psychologische Unterstützung ist besonders wichtig bei emotionalem Essen oder zugrundeliegenden psychischen Belastungen. Gruppentherapien bieten zusätzlich sozialen Rückhalt und Motivation.
Bariatrische Chirurgie kommt bei BMI über 40 oder über 35 mit Begleiterkrankungen in Betracht. Magenband, Magenbypass oder Schlauchmagen reduzieren das Magenvolumen oder verändern die Nährstoffaufnahme. Diese Eingriffe erfordern lebenslange Nachsorge und Ernährungsanpassungen, können aber bei schwerer Adipositas lebensrettend sein.
Vorbeugende Strategien beginnen mit bewusster Lebensmittelauswahl und regelmäßigen Mahlzeiten. Wichtige Alltagsmaßnahmen umfassen:
Diese einfachen Gewohnheiten können Gewichtszunahme effektiv verhindern.
Nachhaltiger Gewichtsverlust erfordert dauerhafte Lebensstiländerungen statt kurzfristiger Diäten. Erfolgsfaktoren sind realistische Ziele, regelmäßige Gewichtskontrolle und Flexibilität bei Rückschlägen. Kontinuierliche Selbstbeobachtung durch Ernährungs- und Bewegungstagebücher hilft, auf Kurs zu bleiben. Wichtig ist auch die schrittweise Erhöhung körperlicher Aktivität und der Aufbau sozialer Unterstützungsnetzwerke.
Familie und Freunde spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewichtskontrolle. Gemeinsame gesunde Mahlzeiten, Unterstützung bei Bewegungsaktivitäten und Verständnis für Veränderungen fördern den Erfolg. Ein unterstützendes Umfeld kann Motivation aufrechterhalten und bei Herausforderungen helfen. Familiäre Gewohnheiten sollten gemeinsam angepasst werden.
Bei BMI über 30, erfolglosen Abnehmversuchen oder gewichtsbedingten Gesundheitsproblemen wie Diabetes oder Bluthochdruck sollten Sie ärztliche Hilfe suchen. Auch bei emotionalen Essstörungen oder familiärer Vorbelastung ist professionelle Beratung empfehlenswert.